Ein Blick zurück

»Das Auswärtige Amt beehrt sich […] über den Abschluss einer Vereinbarung über die Vermittlung von türkischen Arbeitnehmern nach der Bundesrepublik Deutschland folgendes mitzuteilen…«

Mit diesen diplomatischen Formulierungen begann im Oktober 1961 die offizielle Anwerbung von türkischen Arbeitskräften für den deutschen Arbeitsmarkt. Wie bei den vorausgegangen bilateralen Abkommen mit Italien (1955), Spanien und Griechenland (1960) ging man damals von einer zeitlich begrenzten Anwerbung von Arbeitskräften aus.

In einem zweiseitigen Dokument regelte das Auswärtige Amt in Bad Godesberg mit der türkischenBotschaft am 30. Oktober 1961die Entsendung von Arbeitskräften aus der Türkei. Das bilaterale Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei zeichnet bis heute das Gesellschaftsbild beider Länder.

Wie prägten seitdem die türkischen Gastarbeiter Deutschland?

Die türkische Zuwanderung zählt zu den für unsere Gesellschaft mit am prägendsten Geschehnissen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Kaum eine andere Bevölkerungsgruppe hat die Bundesrepublik mehr polarisiert und sie in ihrem nationalen Selbstverständnis gewandelt. In der öffentlichen Wahrnehmung überschatteten lange Zeit nur die negativen Begleiterscheinungen oder die fehlende Integrationsbereitschaft das Meinungsbild. Nicht zuletzt deshalb versucht „Lebenswege“, das rheinland-pfälzische Online-Migrationsmuseum, innerhalb seiner Sonderausstellungen zur türkischen Zuwanderungsgeschichte, die wesentlichen Ereignisse und Entwicklungen dieses Einwanderungsprozesses anschaulich und nachvollziehbar aufzuzeigen, damit dieser Teil der Geschichte als das begriffen wird, was sie ist: deutsche Geschichte.

Das Video von YouTube wird durch Klick oder Touch aktiviert. Dabei werden Daten an den Anbieter übermittelt. Zur Datenschutzerklärung.

Das Video von YouTube wird durch Klick oder Touch aktiviert. Dabei werden Daten an den Anbieter übermittelt. Zur Datenschutzerklärung.

Ein Blick auf die Statistik

Laut Mikrozensus lebten 2020 rund 2,75 Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln in Deutschland. Damit stellen sie die größte Gruppe von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland [1]. Etwa 1,44 Millionen Türkeistämmige haben einen deutschen Pass, 285.000 waren "Doppelstaatler:innen"[2].

Zahl türkischer Bürger:innen in Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz stellten zum Stichtag des 31. Dezember 2020 türkische Staatsangehörige mit Abstand die größte Gruppe an Ausländer:innen dar (etwa 58.600). Nach Angaben des Ausländerzentralregisters wurden etwa 44.400 Menschen aus Syrien gezählt ebenso wie Pol:innen, die mit 44.400 Menschen gleichstark im Bundesland vertreten sind.

Von 1961 bis 1973 sind etwa 900 000 Menschen aus der Türkei zunächst zum Arbeiten nach Deutschland gekommen. Heute leben etwa drei Millionen türkischstämmige Menschen in Deutschland. 

Integrationsministerin Katharina Binz: „Leistung türkischer Einwanderinnen und Einwanderer verdient stärkere Würdigung“

„Die deutsche Gesellschaft hat viel zu spät die Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter aus der Türkei als Einwanderer begriffen und ihnen nicht die Würdigung und Unterstützung gegeben, die sie verdient haben. Zu oft ungewürdigt bleibt gerade die Leistung der vielen türkischen Frauen, die dabei geholfen haben, die Bundesrepublik wirtschaftlich aufzubauen. Die Menschen, die zu uns kamen, wurden oftmals nicht mit offenen Armen empfangen, sondern wurden zum Ziel von Rassismus und Vorurteilen. Die wichtigste Lehre, die wir für eine erfolgreiche Integrationspolitik aus den Fehlern der 60er und 70er Jahre ziehen können, ist, wie wichtig Integration von Anfang an ist. Rheinland-Pfalz ist heute ein weltoffenes Land, in dem wir um die kulturelle, wirtschaftliche und auch zwischenmenschliche Bereicherung wissen, die die Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter aus der Türkei mit sich gebracht haben.“


 Quellenangaben

[1] Quelle: Statistisches Bundesamt 2021
[2] Quelle: mediendienst-integration

PfeilNach oben