Blick in die Geschichte
Rheinhessen verzeichnete seit dem 18. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein starkes Bevölkerungswachstum. Mit 158.000 Einwohnern war die Provinz 1816 eines der am stärksten besiedelten Gebiete des Deutschen Bundes. Im Jahre 1846 lebten hier bereits 225.445 Einwohner. Dies bedeutete eine Bevölkerungszunahme von 42 Prozent in 30 Jahren.[1]
Gründe dafür waren die höhere Geburtenrate und Lebenserwartung, gesunde Ernährung, ärztliche Versorgung und der Rückgang vieler Epidemien. Den Bevölkerungszuwachs in Rheinhessen sah die hessische Regierung nicht gern. Im Juli 1847 wurde daher ein »Gesetz zur Beschränkung der Befugniß zur Verehelichung« erlassen. Autorisierte Bürgermeister und Gemeinderäte konnten gegen die Heirat eines Gemeindeangehörigen Widerspruch einlegen, falls er deren Ansicht nach nicht in der Lage war, eine Familie zu ernähren. [2] Dies war ein allzu häufiger Grund, gerade in Bezug auf die Erbfolge in landwirtschaftlichen Betrieben und ihren meist zahlreichen Nachkommen.
So zog es viele Rheinhessen auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen vor allem in die USA. In der Mehrzahl wanderten ganze Familien aus. Im 18. und 19. Jahrhundert strömten rund 60.000 Menschen aus der Region in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Die aufstrebende Nation hatte einen dringenden Bedarf an Arbeitskräften, sodass die Neuankömmlinge herzlich willkommen waren.
Das Hauptziel der frühen deutschen Einwanderung war Pennsylvania. Dort wurde 1683 die erste deutsche Siedlung gegründet. Die Pennsylvaniendeutschen, unter denen neben reformierten und lutherischen Christen viele Mennoniten und Amische waren, führten oft ein abgeschlossenes Leben, sodass ihre Mundart, das aus dem Pfälzischen entstandene Pennsylvania Dutch, sich bis heute weitgehend erhalten hat. Späterhin siedelten sich viele Rheinhessen im Mittleren Westen der USA an und haben dort das gesellschaftliche, geistige und kulturelle Leben maßgeblich geprägt.
Aufgrund der verkehrsgünstigen Lage am Rhein war für rheinhessische Emigranten, aber auch für zahlreiche Deutsche aus anderen Regionen, Mainz der zentrale Ausreisepunkt. Viele Schiffsagenturen hatten sich dort etabliert, sodass in den Jahren 1856 bis 1877 etwa 30.000 Menschen die lange Reise ins Unbekannte von Mainz aus begannen.
Nach 1890 spielte die Amerikaauswanderung reichsweit keine große Rolle mehr, da aufgrund der fortgeschrittenen Industrialisierung ein größeres Arbeitsplatzangebot in der Heimat bestand. [3]
Eine detaillierte Darstellung der Auswanderung aus Rheinland-Pfalz sowie aus Rheinhessen findet sich auf der Internetplattform des Instituts für Geschichtliche Landeskunde unter http://www.auswanderung-rlp.de
Quellenangaben
[1] Helmut Schmahl, Verpflanzt, aber nicht entwurzelt: Die Auswanderung aus Hessen-Darmstadt (Provinz Rheinhessen) nach Wisconsin im 19. Jahrhundert, Frankfurt/Main (u. a.) 2000 (Mainzer Studien zur Neueren Geschichte
[2] ebd.
[3] Helmut Schmahl, Verpflanzt, aber nicht entwurzelt: Die Auswanderung aus Hessen-Darmstadt (Provinz Rheinhessen) nach Wisconsin im 19. Jahrhundert, Frankfurt/Main (u. a.) 2000 (Mainzer Studien zur Neueren Geschichte