Auswanderergeschichten

In einem ehemaligen Schulsaal im Dorfgemeinschaftshaus ist das Ober-Flörsheimer Heimatmuseum untergebracht, das im Rahmen der 1200-Jahrfeier 1968 gegründet wurde. Der damalige Dorflehrer Hans-Walter Hessinger sammelte mit Schülern von zahlreichen Dachböden und Scheunen vieles, das die Geschichte des rheinhessischen Dorfes durch die Jahrhunderte dokumentiert. Weit über 1.200 Exponate sind heute im Schulsaal und zwei weiteren Räumlichkeiten zu sehen, u.a. auch so manches, das die Geschichte der mutigen Auswanderer aus Rheinhessen im 19. Jahrhundert erzählt.

Porträt Sebastian Walter

Mit Stolz können die Ober-Flörsheimer noch heute auf Sebastian Walter blicken, der 1866 nach Amerika auswanderte und dort zum Millionär wurde.

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Sebastian Walter und seine Frau, die ebenfalls aus Deutschland stammte, hatten mehrere Kinder, die alle sehr früh verstorben sind. Das Ehepaar reiste viel und erinnerte sich gerne an die alte Heimat. Und so besuchten beide auch des Öfteren Ober-Flörsheim.

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Es klingt überraschend, aber so mancher aus der Weinregion Rheinhessen stammende Auswanderer kam als Bierbrauer in den USA zu Rang und Namen, wie etwa Philipp Fauerbach in Madison, Wisconsin.

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Zeichnung zeigt Friedrich Weyerhäuser
Friedrich Weyerhäuser emigrierte 1852 in die USA wo er am 4. April 1904 in Pasadena, Kalifornien, starb. (Zeichnung: wikimedia.org)

Ein weiterer Sohn Rheinhessens, der es in den USA zu Weltruhm brachte, war Friedrich Weyerhäuser, der am 21. November 1834 in Nieder-Saulheim geboren wurde. Im Alter von 18 Jahren verließ er seinen Geburtsort, verdingte sich zunächst als Arbeiter in einem amerikanischen Sägewerk und brachte es als Gründer des Unternehmens Weyerhäuser zu beachtlichem Ruhm und Reichtum. 1872 errichtete der »Holzkönig« die Mississippi River Boom and Logging Co., ein Bündnis, das alle Holzstämme abwickelte, die am Mississippi verarbeitet wurden. 1900 kaufte Weyerhäuser von J. J. Hill 900.000 Hektar Waldland im pazifischen Nordwesten und gründete somit das Weyerhäuser Holzunternehmen und besaß an 30 weiteren Holzunternehmen Anteile. Als Dank an seine Heimatgemeinde Saulheim stiftete er die dortige Sängerhalle, die am 1./2. Oktober 1904 eingeweiht wurde. Den Bau der noch heute als Kulturstätte bekannten Halle unterstützte Weyerhofer mit 10.000 Goldmark, einem für damalige Verhältnisse beachtlichen Betrag.

Ansicht der Halle

Seit ihrer Erbauung wurden an der Halle keine baulichen Veränderungen vorgenommen. Bis heute erfüllt sie ihre einstige Funktion als Singakademie. (Foto: Singakademie Saulheim)

In den Jahren der Massenmigration erreichten überfüllte Schiffe die »Neue Welt«, die vornehmlich in New York, Baltimore und Philadelphia anlandeten. Die neuen US-Bürger hatten vieles von ihrer strapaziösen Überfahrt, der Ankunft auf dem neuen Kontinent und all dem, was sie dort erwartete, zu berichten. Unzählige Briefe traten den Postweg ins Rheinhessische an, in denen man vor allem die Organisation und die Bedingungen der Überfahrt detailliert beschrieb.

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Bei den mehreren Millionen Deutschen, die die USA erreichten, konnten die Neuankömmlinge davon ausgehen, dass die deutsche Sprache sehr verbreitet war und in der ersten Zeit eine gewisse Sicherheit bot. Der Bedarf an deutschsprachiger Literatur wuchs, sodass sich in Folge ein bedeutendes, deutschsprachiges Buchverlagswesen entwickelte. Führend war die 1862 von einem Elsässer in Milwaukee gegründete George Brumder Publishing Company in Milwaukee. Brumder und andere Verleger publizierten zahlreiche Werke, die speziell für Deutschamerikaner verfasst wurden und weite Lebensbereiche abdeckten. Neben religiöser Literatur waren dies Kinderbücher, Schulbücher und Sachbücher, die praktische Hilfe in Beruf und Haushalt boten. Bei den Pennsylvania Germans erfreute sich besonders esoterische und okkulte Literatur großer Beliebtheit.[1]

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Erinnerung an die Heimat: In so manchem Reisegepäck fand sich auch der »Struwwelpeter« von Heinrich Hoffmann wieder, der das Buch 1845 für seinen dreijährigen Sohn Carl geschrieben hatte. Die sprachliche Entwicklung der amerikanischen Deutschen hing sehr von ihrem Umfeld ab. In Pennsylvania etwa, dem größten deutschen Ansiedlungsort, blieb man sprachlich seiner Heimat treu, wovon ein sehr eigener Dialekt zeugt, den es noch heute gibt.

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Das Festhalten an der Muttersprache belegt einerseits das breitgefächerte Verlagswesen, wie bereits beschrieben, aber auch die Vielzahl an deutschen Zeitungen weist auf das Aufrechterhalten der »German Community« hin. Nach 1830 entwickelte sich in allen deutschen Siedlungsgebieten ein reiches Angebot an Zeitungen für deutsche Immigranten. 1832 erschien die erste deutschsprachige Zeitung in Philadelphia, der ältesten Stadt der USA, die 1681 von dem Stadtgründer William Penn als Hauptstadt der Quäker-Kolonie Pennsylvania geplant war. Viele Herausgeber der Nachrichtenblätter hatten Deutschland aus politischen Gründen verlassen, wie etwa der aus Alzey stammende Emil Preetorius, der Redakteur der weit verbreiteten »Westlichen Post« war.[2]

Porträt Emil Preetorius
Emil Preetorius wurde am 15. März 1827 in Alzey geboren und besuchte u.a. das Gymnasium in Mainz. (Foto: wikipedia.org)

Wie viele, in Amerika so genannte »Fourty-Eighters«, die sich infolge der Niederschlagung der bürgerlich-demokratischen Märzrevolution von 1848/49 gezwungen sahen, aus Europa zu fliehen, emigrierte auch der promovierte Jurist Preetorius aus Rheinhessen in die USA und erreichte 1854 St. Louis. Nach einer kurzen Zeit als Kaufmann wurde er Journalist und trat 1856 der Republikanischen Partei bei. 1862 gründete er eine eigene Zeitung »Die neue Zeit« und wechselte 1864 als Chefredakteur zur »Westlichen Post«.

Die Folgegeneration der Einwanderer des frühen 20. Jahrhunderts sprach meist noch Deutsch, doch verlor es sich im Laufe der Zeit aufgrund der englischsprachigen Umgebung. Zudem wollte man nicht auffallen, da das Einwanderer-Sein oft als Makel gesehen wurde.