Dr. Gerhard F. Braun: »Arbeitgeber geworden«
Viele Ausländer schaffen heute als Firmenchefs Jobs.
Jeder kennt ihn – den türkischen Imbiss-Stand an der Ecke oder den italienischen Pizzabäcker von nebenan. Sie sind inzwischen landauf, landab zur Selbstverständlichkeit geworden.
Vom Gastarbeiter zum Unternehmer: Lange Zeit war das für viele Ausländer kein Thema. Denn die meisten von ihnen waren ursprünglich nach Deutschland gekommen, um in Untertürkheim, Rüsselsheim, Bochum, Kaiserslautern, Ludwigshafen oder Koblenz eine gute D-Mark zu verdienen – und nach einer Weile wieder in die Heimat zurückzukehren.
Mit dem Wirtschaftswunder waren immer mehr Arbeitnehmer gesucht worden. Der inländische Arbeitsmarkt war leergefegt. Von Monat zu Monat steig die Zahl der offenen Stellen.
Der Bau der Berliner Mauer machte dann die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte noch dringlicher. Bilder wie das aus dem Jahr 1964 vom millionsten Gastarbeiter, dem Portugiesen Armando Rodrigues, haben zum fünfzigsten Jahrestag des ersten Anwerbeabkommens ihre Konjunktur.
Dieses Foto zeigt Rodrigues war auf dem Kölner Bahnhof mit dem Willkommen-Geschenk der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), einem Moped.
Diese Aktion war mehr als nur eine publicityträchtige Geste. Denn die Dachorganisation der deutschen Arbeitgeber beschäftigte sich in einem Ausschuss – übrigens unter dem Vorsitz eines Rheinland-Pfälzers – intensiv mit Fragen im Zusammenhang mit den ausländischen Arbeitnehmern. Denn Unternehmer und ihre Personalverantwortlichen wussten, die Firmen haben nicht Arbeitskräfte angeworben, sondern Menschen.
Galt es doch somit Sprachprobleme, die fremde Umgebung und nicht zuletzt die aufeinander treffenden unterschiedlichen Mentalitäten zu meistern – auf beiden Seiten.
Das ist inzwischen Geschichte. In vielen Fällen auch eine erfolgreiche Integrationsgeschichte.
Denn allein schon 2001 wurden unter den 3,1 Millionen ausländischen Erwerbstätigen in Deutschland 257.000 Selbständige gezählt. Das bedeutet eine Quote von über acht Prozent und damit nur ein wenig unter der Selbständigenquote der deutschen Bevölkerung.
Den Weg in die Selbständigkeit beschreiten vor allem Türken und Italiener. Sie stellen jeweils 40.000 Unternehmer und damit zusammen fast ein Drittel aller ausländischen Chefs. Zudem, jeder der ausländischen Entrepreneure stellt im Schnitt vier Mitarbeiter ein. Bei den deutschen Jungunternehmen steht dagegen jeweils nur eine weitere Person auf der Lohn- oder Gehaltsliste.
Zusammenarbeit mit deutschen Kollegen Hand in Hand: Viele der Mitarbeiter unserer Betriebe mit anderer Muttersprache sind Facharbeiter, die in Deutschland ausgebildet wurden. Die ausländischen Mitarbeiter tragen durch ihre Arbeit zum Erfolg unserer Wirtschaft bei.
Dr. Gerhard F. Braun
ist Präsident der Landesvereinigung der Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz.