Der lange Weg nach Deutschland

»Das Auswärtige Amt beehrt sich […] über den Abschluss einer Vereinbarung über die Vermittlung von türkischen Arbeitnehmern nach der Bundesrepublik Deutschland folgendes mitzuteilen…« [1]

Mit diesen diplomatischen Formulierungen begann im Oktober 1961 die offizielle Anwerbung von türkischen Arbeitskräften für den deutschen Arbeitsmarkt. Wie bei den vorausgegangen bilateralen Abkommen mit Italien (1955), Spanien und Griechenland (1960) ging man damals von einer zeitlich begrenzten Anwerbung von Arbeitskräften aus.

Türkische Familie auf der Straße (Schwarz-Weiss-Aufnahme)

Was damals aber so unscheinbar formuliert wurde, legte einen maßgeblichen, zentralen Grundstein für die multiethnische Gesellschaft von heute, denn schon bald sollte die türkische Bevölkerung die größte Gruppe unter den Migranten bilden. Noch heute lässt sich diese Entwicklung an der Statistik ablesen. Anfang 2011 waren nahezu 25 Prozent aller in Deutschland lebenden 6,7 Millionen Ausländerinnen und Ausländer türkische Staatsbürger. [2] In Rheinland-Pfalz stellen sie mit 65.000 Personen den größten Anteil aller hier lebenden Migranten dar. [3]

Auch außerhalb der statistischen Werte gehört die türkische Zuwanderung zu den prägendsten Geschehnissen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Kaum eine andere Bevölkerungsgruppe hat die Gesellschaft der Bundesrepublik mehr polarisiert und sie in ihrem nationalen Selbstverständnis gewandelt.

Dabei sind die Kenntnisse über die Ursachen, Stationen und Auswirkungen dieser Zuwanderung immer noch rudimentär. In der öffentlichen Wahrnehmung überschatteten lange Zeit nur die negativen Begleiterscheinungen, die fehlende Integrationsbereitschaft oder etwa die Sarrazin-Debatte das Meinungsbild. Nicht zuletzt deshalb versucht »Lebenswege«, das rheinland-pfälzische Migrationsmuseum im Internet, innerhalb seiner Sonderausstellung zur türkischen Zuwanderungsgeschichte, die wesentlichen Ereignisse und Entwicklungen dieses Einwanderungsprozesses anschaulich und nachvollziehbar aufzuzeigen, damit dieser Teil der Geschichte als das begriffen wird, was sie ist: deutsche Geschichte.

Junge Türkin mit Deutschlandfahne, im Hintergrund die türkische Fahne
Deutsch-Türkischer Umzug in Berlin.

Quellenangaben

  1. Auszug Dt.-Türkisches Anwerbeabkommen
  2. Statistisches Bundesamt, Ausländische Bevölkerung, Web-Ansicht, Stand 20.9.2011.
  3. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Ausländer nach ausgewählten Staatsangehörigkeiten und Altersgruppen am 31.12.2010, Web-Ansicht, Stand 20.9.2011.