Die Terminologie
Die Bezeichnung »Gastarbeiter« ist im Wesentlichen irreführend. Ein Paradoxon nahezu, da selten ein Gast nach unserem Verständnis zum Arbeiten eingeladen wird. Im Rahmen der Anwerbeabkommen sollte die Bezeichnung natürlich die zeitlich begrenzte Aufenthaltsdauer, den ökonomischen Gast-Status zum Ausdruck bringen. Synonyme wie ausländische Mitarbeiter, im Späteren ausländische Mitbürger suchten eine Annäherung an einen nicht definierten Status der »Eingewanderten« zu finden.
Die sprachliche Unsicherheit gipfelte sogar in einem Wettbewerb, den das damalige Westdeutsche Fernsehen (heute WDR) 1970 ausschrieb, um die Bezeichnung »Gastarbeiter« abzulösen.
»Die Zahlen der Gastarbeiter in der Bundesrepublik Deutschland haben schon fast die 2 Millionen Grenze erreicht. Bei dieser Zahl kann man nicht mehr annehmen, dass sich der Aufenthalt ausländischer Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland um ein vorübergehendes Phänomen handelt. Jeder wird täglich mit Ihnen konfrontiert. Sie bilden als neu hinzugekommene Minderheit die unterste soziale Schicht. Sie sind geduldet, aber nicht akzeptiert. Trifft deshalb die Bezeichnung Gastarbeiter überhaupt zu? Sind sie Gäste? Mit Hilfe eines Preissausschreibens sucht der WDF ein neues Wort für ›Gastarbeiter‹.«(© WDR)
Unter den mehr als 30.000 Einsendungen fand sich u.a. Gedankengut wie »Eurobrüder« oder »Zeitkollege Süd« wieder.
»Am Nachmittag, dem 23.12.1970 fiel in dem vom WDF arrangierten Wettbewerb (…) die Entscheidung. Wie schon gemeldet, entschied sich die Jury für die Bezeichnung – ausländischer Arbeitnehmer«.
— © WDR
Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich der Begriff des Arbeitsmigranten zu einem soziologisch festgelegten Terminus.