Die neue Heimat – »Renania Palatinado«

Müde und erschöpft nach einer langen Zugfahrt kamen die spanischen Arbeitswilligen in Rheinland-Pfalz, dem »Renania Palatinado«, an. Vertreter der Anwerbefirmen warteten bereits an den Bahnhöfen, um ihre neuen Mitarbeiter in Empfang zu nehmen. Die Begrüßung erfolgte meist durch Gesten, da nahezu keiner der Ankömmlinge über deutsche Sprachkenntnisse verfügte. Rasch waren die wenigen Habseligkeiten der Reisenden verstaut und man setzte die Fahrt zu den Unterkünften fort.

Ankunft spanischer Gastarbeiter
Spanische Gastarbeiter kommen nachts bei Arbeitgeber an

Die gesetzlichen Vorgaben zu Beginn der 1960er Jahre stellten nur geringe Anforderungen an die Arbeitgeber bzgl. der Ausstattung von Wohnstätten. Jeder Betrieb, der die Mindestanforderungen für eine Unterkunft erfüllte, durfte »Gastarbeiter« anwerben. So wies die Qualität der neuen Bleibe je nach Größe des Unternehmens höchst unterschiedliche Qualität auf.  

»Jeder Gastarbeiter hat Anspruch auf ein Bett, einen Hocker, ein Stück Tischplatte, drei Quadratmeter Boden zum Wohnen und zehn Kubikmeter Luft zum Atmen.« Richtlinien des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung 1964 (Bundesarbeitsblatt 1964, Nr. 15).

Wer das Glück hatte, für eines der großen Unternehmen in Mainz, Ludwigshafen oder Ingelheim tätig zu sein, konnte auf ein angemessenes »Zuhause auf Zeit« hoffen. Die Mehrzahl der Migrantinnen und Migranten jedoch waren für kleine Firmen tätig, die oftmals nur ein Mindestmaß an zumutbarer Wohnqualität boten. So reichte die Spannbreite der Unterkünfte von modernen Wohnheimen, über Baracken mit zwei Duschen für 35 Personen bis zu schlichten Bauwagen oder einfachen Hütten.

Entsprechend der Wohnverhältnisse fiel auch die Entlohnung für die körperlich harte Arbeit sehr unterschiedlich aus. In den großen rheinland-pfälzischen Unternehmen erhielten ausländische und deutsche Beschäftigte vergleichbare Löhne. Die Mehrzahl der Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter jedoch mussten sich mit geringen Vergütungen für Arbeiten zufrieden geben, für die deutsche Arbeiter kaum noch zu gewinnen waren.

»Ja, meine Spanier sind patente Burschen – und nicht zu bremsen«, sagt Friedrich M., Chef der Baumschule. Dort arbeitet José Gamez aus Cádiz, Andalusien, in einer Sommerwoche »como un mulo« – wie ein Maulesel: insgesamt 92 und eine dreiviertel Stunde, für einen Grundlohn von 3,80 Mark. Josés Urteil über Gastarbeit in Deutschland: »Das ist hier wie beim Militär – Chef immer nur: ›Komm, komm, komm‹.« [Artikel aus „Der Spiegel, 19.10.1970]

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