Türkinnen – nur Kopftuch, Kinder und Koran?

Das Bild, das man sich heute noch von den Türkinnen macht, ist oftmals noch von Klischeevorstellungen geprägt.

Ähnlich verhält es sich mit dem Urteil über die weiblichen Migrantinnen, die in den 1960er und 1970er Jahren in die Bundesrepublik einreisten. Sie seien ihren Männer nachgereist, die bereits in Deutschland arbeiteten, hieß es [1].

Drei türkische Frauen beim Arbeiten an einer Maschine
Arbeitsmigrantinnen in der deutschen Industrie.

Dass Pauschalurteile nicht für Erklärungen taugen, bestätigt sich bei den Türkinnen der so genannten »ersten Generation«. Zwischen 1961 und 1973 waren 19 Prozent [2] aller nach Deutschland emigrierten Türken Frauen, die sich für ihre Migrationsentscheidung sogar gegen erhebliche familiäre Widerstände und moralische Vorbehalte durchsetzen mussten [3].


»‚Papa’, hab ich beim Abendessen gesagt, ‚Papa, ich geh nach Deutschland’. Mein Vater sagte nichts. Er hat mir einfach nicht geantwortet. Er dachte wohl, ich mach nur Spaß. Aber keine zwei Wochen später saß ich schon im Zug.« [4]

Dennoch ließen sich viele auf das Wagnis ein. Die meisten Migrantinnen stammten dabei aus dem Mittelstand und verfügten über eine gute Schulbildung. Oftmals waren es aber auch verheiratete Frauen, die ihre Männer in der Heimat zurücklassen mussten, da weibliche Arbeitskräfte von der deutschen Industrie gesucht waren und deshalb leichter vermittelt werden konnten [5].
 
Die Frauen dieser Generation verbrachten wahre Pionierleistungen: Nicht selten mussten sie Haushalt, Familie und Beruf unter einen Hut bringen. In der Erziehung der Kinder wechselten sich die Ehepartner ab, indem sie in verschiedenen Schichten arbeiteten. Für die persönliche Beziehung blieben nur kurze Momente zwischen Tür und Angel [6].

Junge, lachende türkische Frau bei der Arbeit
Junge türkische Ausbilderin mit Auszubildende am Computer
Stehen am Arbeitsplatz erfolgreich »ihren Mann« – türkische Ausbilderin und türkische Auszubildende.

Neue Studien belegen, dass auch heute einige Stereotypen über die 1,3 Millionen türkischstämmige Frauen in Deutschland so nicht stimmen. Denn ihre Lebensumstände sind oft kaum von denen der deutschen Frauen zu unterscheiden. Nur etwa die Hälfte der Türkinnen kann heute noch etwas mit dem traditionellen Frauenbild anfangen. Stattdessen stehen sie stehen »ihren Mann« im Blaumann am Band ebenso wie im Kostüm im Büro. Wahrgenommen werden sie aber anders: »nämlich meist als homogene Gruppe, die an überlieferten Bräuchen festhält.« [7]

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Quellenangaben

  1. Ferda Ataman, Türkische Frauen. Die Opferrolle hat ausgedient, Der Spiegel, 11.03.2007, Web-Ansicht , Stand. 1.10.2011.
  2. Auf der Grundlage des Anwerbeabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei kamen  825 383 Menschen in die Bundesrepublik, 678 702 Männer und 146 681 Frauen. Zahlen bei ebd.
  3. Hunn, Nächstes Jahr, S. 77.
  4. Hunn, Nächstes Jahr, S. 78.
  5. Gespräche mit Zehra und Mehmet Kayain, 13.6.2009.
  6. Ferda Ataman, Türkische Frauen.

Quellenangaben

  1. Ferda Ataman, Türkische Frauen. Die Opferrolle hat ausgedient, Der Spiegel, 11.03.2007, Web-Ansicht , Stand. 1.10.2011.
  2. Auf der Grundlage des Anwerbeabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei kamen  825 383 Menschen in die Bundesrepublik, 678 702 Männer und 146 681 Frauen. Zahlen bei ebd.
  3. Hunn, Nächstes Jahr, S. 77.
  4. Hunn, Nächstes Jahr, S. 78.
  5. Gespräche mit Zehra und Mehmet Kayain, 13.6.2009.
  6. Ferda Ataman, Türkische Frauen.