Das deutsch-portugiesische Anwerbeabkommen

Die wachsende Zahl illegaler Auswanderer in den 1960er Jahren veranlasste den portugiesischen Staat, Anwerbeabkommen mit mehreren europäischen Staaten abzuschließen, obwohl die Regierung offiziell nicht an einem Arbeitskräfteexport interessiert war. Die politischen Vereinbarungen sollten vielmehr dazu genutzt werden, die Abwanderungsströme zu kanalisieren [1].

Gleichzeitig erhoffte sich der Estado Novo durch das Abfließen nicht benötigter Arbeitskräfte, eine Regulierung des Arbeitsmarktes zu erreichen und vom Devisenzufluss der Migranten (Remessas) zu profitieren. Dieser Zufluss machte in manchen Jahren bis zu 10 Prozent des portugiesischen Bruttoinlandsprodukts aus. Die Auswanderung fungierte entsprechend als ein ökonomisches und politisches Ventil [2].

Ansicht offizieller Dokumente
Weit weniger Arbeitskräfte als erhofft suchten den Weg nach Deutschland.

Vor diesem Hintergrund trat die portugiesische Regierung im Juli 1963 mit der Bitte um ein Anwerbeabkommen an die Bundesrepublik heran. Die deutsche Seite versprach sich von einem weiteren Anwerbeabkommen Erfolge bei der Gewinnung von weiblichen Arbeitskräften und männlichen Facharbeitern, angesichts von rund 50.000 nicht zu besetzenden Stellengeboten im Bundesgebiet [3]. Das am 17. März 1964 geschlossene Anwerbeabkommen über die Vermittlung portugiesischer Arbeitskräfte nach Deutschland stellte letzten Endes beide Seiten nur bedingt zufrieden. Über die neu eingerichtete Verbindungsstelle in Lissabon kamen in den kommenden Jahren weit weniger Arbeitskräfte als erhofft, während der Strom illegaler Abwanderer von Portugal nach Westeuropa nie Abriss und wegen der restriktiven Ausreisebedingungen eher noch anschwoll [4].


Quellenangaben

  1. 1Borges, Portugiesische Arbeitswanderer in West-, Mittel- und Nordeuropa, S. 892.
  2. Cord Pagenstecher, Ausländerpolitik und Immigrantenidentität: zur Geschichte der »Gastarbeit« in der Bundesrepublik, Berlin 1994, S. 82.
  3. Vgl. dazu Monika Mattes, »Gastarbeiterinnen« in der Bundesrepublik, Anwerbepolitik, Migration und Geschlecht in den 50er bis 70er Jahren, Frankfurt am Main, S. 46 und Heike Knortz, Diplomatische Tauschgeschäfte, »Gastarbeiter« in der westdeutschen Diplomatie und Beschäftigungspolitik 1955 – 1973, Köln 2008, S. 110.
  4. Vgl. dazu Mattes, »Gastarbeiterinnen«, S. 47.