Die Situation der Gastarbeiterinnen

Auswanderung in Griechenland war bis zur Arbeitsmigration nach Europa ein Privileg der Männer, die seit Jahrhunderten als Seefahrer, Händler und Bauarbeiter ihr Glück in der Ferne suchten. Durch das Anwerbeabkommen mit Deutschland war es erstmals auch jungen Frauen aus griechischen Dörfern und Inseln möglich, außerhalb der Landesgrenzen zu arbeiten [1].

Griechische Arbeiterin
Schon in sehr jungen Jahren entschieden sich die Frauen für ein Arbeitsleben außerhalb der Heimat.

Von 1961 bis 1971 fand sich die höchste Auswanderungsrate bei Frauen im Alter von 15 bis 24 Jahren. Im Gegensatz dazu trafen Männer erst im Alter zwischen 25 und 34 Jahren die Entscheidung für eine Migration[2]. Der Frauenanteil der griechischen Auswanderer nach Europa betrug rund 40 Prozent. Für diese hohe Quote gab es mehrere Ursachen: Im Griechenland der 1960er Jahre hatten es Frauen wesentlich schwerer einen Arbeitsplatz zu finden, oder sie arbeiteten als unbezahlte Arbeitskräfte in Familienbetrieben. Ein anderer Faktor, der die Auswanderung griechischer Frauen begünstigte, war ihre soziale Stellung in der dortigen Gesellschaft. Für Unverheiratete bedeutete die Auswanderung finanzielle Unabhängigkeit, Flucht vor der patriarchalischen Struktur in ländlichen Familien, aber auch die Suche nach einem zukünftigen Ehepartner. Bei verheirateten Frauen stand natürlich der Wunsch, den Ehemann zu begleiten im Vordergrund. Weitere Gründe waren die Aufbesserung des  Budgets und die Beschaffung einer Mitgift für die eigenen Töchter[3].

Tabelle mit Einwanderer nach Geschlecht sortiert
Griechische Einwanderinnen und Einwanderer 1968–1977.

Im Jahr 1972 stellten Frauen bereits 43% aller beschäftigten Griechen in Deutschland dar, während es 1960 nur 12% waren. Diese Zahlen sind ebenfalls ein Indiz dafür, dass in der deutschen Wirtschaft eine hohe Nachfrage nach ausländischen Arbeiterinnen herrschte. Besonders die deutsche Elektroindustrie hatte an weiblichen Arbeitskräften Interesse. Beamte der Deutschen Kommission fürchteten in Griechenland zunächst Engpässe. Die Mädchen verließen das Elternhaus üblicherweise erst, wenn sie verheiratet waren, und man entschied im Familienrat, was mit den Frauen zu geschehen hatte. Doch 1964 verzeichnete die Deutsche Kommission in Athen eine Frauen-Anfragequote von 44%, und in Saloniki waren es bereits im Mai 1961 teilweise 58%. Manche Frauen gingen sogar als Vorhut nach Deutschland und holten später ihre Männer nach[4].   

Nicht nur ledige Frauen wanderten aus, um für ihre Mitgift anzusparen. Auch Mütter trennten sich von ihren Kindern, um durch ihre Arbeit in Deutschland der Familie zu helfen und für die Zukunft ihrer Kinder zu sorgen. Auch wenn sie zusammen ausgewandert waren, lebten die Frauen oft getrennt von ihren Ehemännern, falls man nicht in der gleichen Stadt und Fabrik eine Arbeit fand.

Anfang der 1970er Jahre sank der Frauenanteil der griechischen Arbeiter in Deutschland. Der Grund dafür war, dass in den 1970er Jahren die Frauen nicht mehr als Arbeitsmigrantinnen ihre Heimat verlassen haben. Viele kamen von da an im Rahmen des Familiennachzugs. Die Arbeitsmigration einzelner Personen wandelte sich spätestens seit jenen Jahren von der Wanderung einzelner Personen zur Wanderung ganzer Familien [5]. 

PfeilNach oben


Quellenangaben

  1. Trenzio 2003, S. 57
  2. Geck, 1979 S. 138ff.
  3. Geck, 1979 S. 140ff.
  4. Gogos 2005, S. 823, vgl. a. Geck, 1979 S. 143
  5. Geck, 1979, S. 143