Osman Dizdar

Geboren 1943 in Sariyakap / Giresun (Türkei), Einreise nach Deutschland im Jahr 1973


»Mein Bruder sagte mir, Deutschland sei das Paradies.«

— Osman Dizdar


 

Osman Dizdar heiratete 1969 seine Frau Sebahat in der Türkei. Zusammen haben sie drei Söhne und eine Tochter. Als Kind lehrte ein Imam dem jungen Osman Dizdar das Lesen und Schreiben der arabischen Sprache. Bevor er seine Reise nach Deutschland antrat, arbeitete er in einer Reifenfabrik und leistete den Militärdienst ab. Die Reise nach Deutschland wurde Osman Dizdar gewährt, nachdem er sich der Gesundheitsprüfung in Istanbul unterzogen hatte: »Sie haben überall hingeschaut«. Die Reise trat er mit einem Lederkoffer an, worin er neben zwei Hosen, drei Hemden und einer Jacke auch Brot und Käse mit sich trug. Die Zugfahrt begann in Istanbul und endete voller Vorfreude in  Koblenz, wo den Neuankömmlingen von einem Orchester ein Empfang mit Pauken und Trompeten bereitet wurde. Osman Dizdar arbeitete bei der Firma Steuler im Akkord. Bis zum Nachzug seiner Familie 1988 lebte er in einem Zwei-Bett-Zimmer des Arbeiterwohnheims der Firma. Das Wohnheim war nicht schön, jedoch mit anfangs 30 DM und später 70 DM Miete pro Monat eine kostengünstige Unterkunft. Bereits seit 1963 arbeitete Osman Dizdar Bruder in Stuttgart, der immer von Deutschland als Paradies erzählt hatte. Die Aussage seines Bruders half dem jungen Mann nicht über seinen eigenen Eindruck Deutschlands hinweg. Die schwere Arbeit und die fremde Umgebung gefielen ihm nicht und gerne wäre er direkt wieder zurück in die Türkei gefahren.

Altes Schwarz-Weiss-Portrait von Osman Dizdar

Nach 23 Jahren Beschäftigung bei der Firma Steuler wurde Osman Dizdar wegen einer Firmenkrise entlassen und fand für weitere vier Jahre Arbeit bei Domex in Hillscheid. Zur Entspannung von der harten Arbeit ging Osman Dizdar trotz sprachlicher Verständigungsprobleme regelmäßig mit seinen Kollegen aus und verbrachte gerne Zeit beim Billardspielen im »Las Vegas«. Beim Karneval in Koblenz ging Osman Dizdar unkostümiert in eine Kneipe, deren Eintritt nur mit Kostümierung gewährt wurde. Das entsprechende Schild am Eingang konnte er jedoch nicht lesen und den Wirt verstand er nicht. Als schließlich ein verkleideter Türke die Kneipe betrat und dem Unkostümierten das Problem erklärte, einigten sie sich darauf, dass Osman Dizdar als Türke verkleidet sei!

Eine Rückkehr in die Türkei kommt für Osman Dizdar und seine Familie trotz gelegentlicher Sehnsüchte nach der alten Heimat nicht in Frage.

Interview geführt am 08. Februar 2010 in Höhr-Grenzhausen durch L. Heidrich und C. Niesen.