Deutschland im Nachkriegsoptimismus – Die Wirtschaftswunderjahre

Die Wirtschaft wächst, der Export steigt. Die Bundesrepublik avanciert nach den USA zur zweitstärksten Wirtschaftsnation der Welt. Die Zahlen des Arbeitsmarktes belegen: Arbeit gibt es im Überfluss. Betrug die Arbeitslosigkeit zu Beginn des Jahres 1955 noch durchschnittlich 5,1 Prozent, verzeichnete man am 30.September des gleichen Jahres einen Rückgang auf nur noch 1,8 Prozent. In den wirtschaftlich starken Regionen Deutschlands war nahezu jeder Erwerbstätige in Brot und Arbeit. Bundeskanzler Konrad Adenauer und Finanzminister Ludwig Erhard, die politischen Leitfiguren der Wirtschaftwunderjahre, führten das Land zu neuem Wohlstand. Soziale Marktwirtschaft, Währungsreform und Marshallplan setzten die Kräfte für einen wirtschaftlichen Wiederaufstieg frei.

Ludwig Erhard liest »Wohlstand für Alle«
Ludwig Erhard 1957 mit seinem Buch »Wohlstand für Alle«

Das politische Kabarett wie etwa das »Kom(m)mödchen« in Düsseldorf, die »Lach- und Schießgesellschaft« in München oder die »Stachelschweine« in Westberlin griffen bissig, frech, fröhlich den expandierenden »Wohlstand für Alle« auf. In Ihrem Lied vom »Wirtschaftswunder« stellten die Kabarettisten Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller 1958 das Zeitgeschehen mit kritischem Augenzwinkern dar:

»Jetzt kommt das Wirtschaftswunder
Jetzt kommt das Wirtschaftswunder
Jetzt gibt's im Laden Karbonaden schon und Räucherflunder
Jetzt kommt das Wirtschaftswunder
Jetzt kommt das Wirtschaftswunder
Der deutsche Bauch erholt sich auch und ist schon sehr viel runder
Jetzt schmeckt das Eisbein wieder in Aspik…..«  


Mit seinem »Konjunktur Cha, Cha, Cha« ging das Hazy Osterwald Sextett auf Tournee und ermunterte das Publikum zu…  

»Gehen' Sie mit der Konjunktur,
Gehn' Sie mit auf diese Tour.
Holen Sie sich ihre Kohlen wie der Krupp von Bohlen aus dem großen Weltgeschäft.« 


Stolz vermeldete die boomende Wirtschaft Vollbeschäftigung. Aufgrund des weiterhin starken Wirtschaftswachstums war ein nahender Arbeitskräftemangel zu befürchten. Der Bedarf an Arbeitskräften – gerade für die körperlich harte Arbeit im Baugewerbe, im Straßen- und Brückenbau und der Landwirtschaft- wuchs und konnte aus den eigenen Reihen nicht mehr gedeckt werden. Die Verkürzung der Arbeitszeit, die Verlängerung der Ausbildungsdauer und die einsetzenden, geburtenschwachen Jahrgänge hatten spürbare Auswirkungen auf die Zahl der verfügbaren, deutschen Arbeitskräfte. Die Einführung der Wehrpflicht, die ab September 1956 junge Männer für die Zeit eines Jahres dem Arbeitsmarkt entzog sowie das Versiegen des Flüchtlingsstroms aus der DDR nach dem Mauer-Bau 1961 waren durchschlagende Faktoren des Arbeitsmarkt-Geschehens.

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